Tag 3 – Sonntag danach:
Der Tag der Wahrheit. Heute, Sonntag, am 5. Tag nach der positiven Testung, will ich es wissen. Hat sich das Virus in meinem Körper so reduziert, dass es von einem Antigen-Test nicht mehr erkannt wird? Die Nacht war o. k. So lala. Ingrid hatte sich auf meine Bitte hin wieder neben mich gelegt. Doch sie fand keinen Schlaf. Das schwache Leuchten ihres E-Book-Readers stört mich sonst eigentlich nicht. Doch heute Nacht hat es mich vom Schlafen abgehalten. Eine Stunde nachdem wir zu Bett gingen, bin ich das erste Mal zur Toilette gegangen. Ich brauchte Bewegung. Ich fragte nach ihrem Befinden und sie erklärte, nicht einschlafen zu können. Um drei wurde ich erneut wach, doch da war sie verschwunden. Ausgebüchst in ihr Notquartier. Die Arme. Sicher hat sie dort mehr Ruhe. Keine Bewegung und kein Hustenlärm von mir. Denn der Hustenreiz ist noch immer präsent. Irgendwann spüre ich eine Hand auf meinem Arm. Sonntagmorgen, ein halb Zehn Uhr und ich habe fast sieben Stunden durchgeschlafen. Eine Sensation. Für mich. Draußen kämpft die Sonne gegen die Nebelschwaden und als ich den Kaffee ans Bett bringe, scheint sie der Gewinner zu sein. Es sieht nach einem schönen Tag aus. Wie viele Tage haben wir verloren, seit wir uns nur noch in Innenräumen aufhalten? Ich fühle hinein in meinen Körper. Die Ohren geben noch nicht die kompletten Umgebungsgeräusche frei. Durch die Nase lässt es sich atmen. Corona hat noch eine leichte Erkältung hinterlassen. Nach dem Frühstück werde ich mich testen. Ingrid redet schon von Wanderungen und Ausflügen ans Meer. Von Fahrradtouren. Ich habe die Jogginghose gegen eine Cargo-Hose getauscht. Als Zeichen, es ist vorbei. Überraschung: Der Test zeigt weiterhin ein positives Ergebnis an. Ich überlege, ob das vielleicht ein Joke-Test ist. Einer, der auch mit Wassertropfen noch zwei rote Balken anzeigt? Nein, die Rest-Virenlast in meinem Körper ist noch zu groß, als dass mich die Testkassette aus der Klammer von Corona entlässt. Draußen im Garten bricht sich die Sonne in den immer welker werdenden Blättern. Die Bäume werfen sie im Überlebensmodus vor der kalten Jahreszeit ab. Wie gerne würde ich das Virus abwerfen. Wie unnötiger Ballast. Im Urlaub in Südfrankreich haben wir eine kleine Palme gekauft. Circa einen Meter hoch. Sie steht auf der Terrasse. Symbol für den Süden. Langsam wird es Zeit, sie ins Haus zu holen. Es wird ihr kein Vergnügen bereiten im kalten Deutschland auf einer Terrasse zu überwintern. Aber wem macht das schon Spaß? Ich bin vom Testergebnis nicht enttäuscht. Nein. Vielleicht war es etwas blauäugig zu glauben in wenigen Tagen sei alles vorbei. Ist ja nicht wie beim Karneval. Unsere Nichte Maia war erst am zehnten Tag negativ. Vielleicht ist das mit den früheren Grippeerkrankungen zu vergleichen. Da gab es auch welche mit weniger starken Symptomen. Und andere, die dich länger im Bett hielten oder auf die Couch zwangen. Ingrid verlängert, was Wanderungen, Radtouren und sonstige Aktivitäten angeht, meine Schonzeit. Die liebende Ehefrau. Draußen macht Detlef seine BMW startklar für einen letzten Herbst-Trip. Ich würde heute vielleicht auch die letzte Tour auf dem E-Roller durch herbstliche Alleen machen. Aber mein Körper hat sichtlich etwas dagegen. Meine letzten Kräfte verliere ich beim Spiel des HSV gegen Magdeburg. Um mich nicht wieder aufzuregen, unterlasse ich jetzt und hier jegliche Kommentare darüber. Das Wetter ist wieder umgeschlagen. Nun zeigt sich die Welt trist und traurig. Ich gebe dem Virus noch 48 Stunden Zeit, sich zu verpissen. Dann mache ich einen weiteren Test und bin mir sicher, es hat sich verdünnerisiert.
Morgen gibt es noch ein Folge – Hier!